Ausgelesen

Literarische Weltreise 2012

Literarische Weltreise 2012

 

Amerika 

Nina Sankovitch (1962): „Tolstoi und der lila Sessel“ 

…wurde mir klar, dass Tolstoi ein Erklärungsmuster für all das ausbreitete, was mir widerfahren war, dass er mir den Sinn des Lebens erklärte. … Aber der Sinn meines Lebens liegt letztendlich darin, wie ich auf die Freuden und traurigen Ereignisse reagiere, wie ich ein Netz aus Verbindungen und Erfahrungen knüpfe und wie ich anderen zur Hilfe komme, die ihren verschlungenen Pfad durchs Leben gehen.“ 

Teju Cole (1975): „Open City“ 

„ Der Wind plagte alles, was ihm in den Weg kam, schmiss Mülltonnen um, entlaubte Bäume, trieb Spaziergänger vom Kurs ab, aber die Kathedrale wich keinen Millimeter. Der Regen peitschte gegen den steinernen Koloss, das war alles.“ 

Elisabeth Tova Bailey (???): „Das Geräusch einer Schnecke beim Essen“ 

„Obwohl die Schnecke und ich unsere festen Gewohnheiten hatten, wussten wir beide doch auch Abenteuer zu schätzen. Wenn Freunde oder Verwandte zu Besuch kamen und etwas Neues für das Terrarium  mitbrachten, war die Schnecke immer fasziniert.“ 
„ Das Überleben hängt oft davon ab, dass man einen Lebensinhalt hat: eine Beziehung, einen Glauben, eine auf dem schmalen Grat des Möglichen balancierende Hoffnung.“ 

Zora del Buono (1962): „Hundert Tage Amerika“ 

 

Afrika

Helge Timmerberg (1952): „African Queen“ 

„ Der erste Tag ist immer schwierig. Bei Fernreisen kommt die Seele erst drei Tage später an. Und man fühlt sich seltsam ohne Seele. Man ist nirgendwo zu Hause, weder im Alten noch im Neuen.“ 

Wolfgang Herrndorf (1965): „Sand“ 

„ Es gibt nur wenige Menschen, die man in einem einzigen Satz beschreiben kann. In der Regel braucht man mehrere und für gewöhnliche Menschen reicht oft ein ganzer Roman nicht aus. Helen Giese…konnte man in zwei Worten beschreiben: schön und dumm…“ 
 
 

Australien 

Christos Tsiolkas (1965): „Die Ohrfeige“ 

„ Im Grunde war es ein ständiges Verhandeln, zwei Individuen, die angesichts der vertrackten, banalen Realität ihres gemeinsamen Lebens Kompromisse eingehen mussten. So gesehen konnte sie in der Liebe so etwas wie Glück finden, ein Glück, das ihr vertraut war.“ 
 

Asien 

Yangzom Brauen (1980): „ Eisenvogel“ 

„ Im alten Tibet stellten Kinder Erwachsenen keine Fragen und Erwachsene erklärten Kindern wenig. Kinder sollten nicht alles wissen und sich nicht in die Angelegenheiten der Erwachsenen einmischen. Sie lernten, indem sie beobachteten und nachahmten.“ 

Julie Otsuka (1962): „Wovon wir träumten“ 

„Eine von uns gab ihnen die Schuld an allem und wünschte, dass sie tot wären. Eine von uns gab ihnen die Schuld an allem und wünschte, dass sie tot wäre. Andere von uns lernten zu 
leben, ohne überhaupt einen Gedanken an sie zu verschwenden.“ 
 

Arktis/Antarktis 

Reinhold Messner (1944):  „ Pol. Hjalmar Johansens Hundejahre“ 

„Amundsen und Nansen gebärdeten sich als Helden. Ihre Schuld aber am Scheitern Johansens hat mit dieser ihrer Art Überheblichkeit wenig zu tun: Alles besser darstellen zu können, als es in Wirklichkeit war, brach ihrem Gefährten zuletzt das Genick. Denn erst durch seine Fehlbarkeit wird der Mensch zum Menschen.“ 
 

Europa 

Jonas Jonasson(1962): „Vom Hundertjährigen, der aus dem Fenster stieg und verschwand“ 

„Schon als Kind hatte Allan gelernt, Menschen zu misstrauen, die einen Schnaps ausschlugen. … Doch er stimmte seinem Vater darin zu, dass anständige Leute keinen Saft trinken. Und er stimmte seiner Mutter darin zu, dass man sich anständig aufführen musste, auch wenn man einen im Tee hatte.“ 
 
Hallgrimur Helgason (1959): „Eine Frau bei 1000°“ 
Aus einer Rezension von Manfred Papst: „…über die Not in einer Gesellschaft, in der Träume partout verwirklicht werden müssen.“ 
„ Zu jener Zeit war Schweigen eine der tragenden Säulen isländischer Kultur. Die Leute waren sehr viel besser darin, Schweigen auszudeuten, als nachzufragen…. Genau das ist der Grund, weshalb sich Isländisch in tausend Jahren nicht verändert hat: Wir haben es fast nicht benutzt.“ 

Rachel Joyce(*): „Die unwahrscheinliche Pilgerreise des Harold Fry“ 

„Quenie öffnete die Lippen für den nächsten Atemzug. Und als er nicht kam, sondern etwas anderes, war es genauso einfach wie atmen.“ 

Annette Pehnt (1967): „Chronik der Nähe“ 

„Weil ich gelernt habe, dass wir über alles reden, ausser über die schlechten Dinge, konnte ich heute Morgen in der Klinik nicht mit dir sprechen.“ 

Martin Kubaczyk (1954): „Die Knie meiner Mutter und mein Vater im Krieg“ 

„Festhalten das Unbegreifbare, Unbegreifliche, das Unfassbare, das Unscheinbare der Empfindungen. Und dieses Vage, Ferne, Fremdeste: Gefühle, Konstellation an diesem Morgen, jede Wahrnehmung so scharf und gezielt auf dem Papier. Turner, der Landschaftsmaler…“ 

Klaus Moddick (1951): „Sunset“ 

„ Manche Exilanten haben immerhin versucht, in der fremden Sprache zu schreiben, Klaus Mann zum Beispiel, dieser unglücklichste aller Söhne. Wirklich geglückt ist es keinem. Gewiss, man kann lernen, sich in fremden Sprachen auszudrücken, aber man kommt einer fremden Sprache nie ganz auf den Grund, erreicht nicht das Unausgesprochene, das unter den Worten mitschwingt, erreicht bestenfalls Richtigkeit und Verständnis, nie jedoch Schönheit und Gefühl.“ 

Timur Vermes(1967): „Er ist wieder da“ 

Michael Maar(1960): „ Die Betrogenen“ 

„ Was Warten war, verstanden die wenigsten. Wenn andere Leute zu warten vorgaben, vertrieben sie sich die Zeit. Wenn Karl wartete, tat er nichts anderes.“ 

Dea Loher(1964): „ Bugatti taucht auf“ 

„ Die Schweiz war ein kleines intimes Land, und es existieren sicher Gegenden auf der Welt, wo dir deine Fehler verziehen wurden. Fehler zu machen hiess in der Schweiz, nicht ordentlich genug zu sein. Ordentlich, gewaschen, arbeitsam, gut bei Kasse. Und natürlich Christ. Die Schweiz war nichts für Aussteiger. Das Leben hier hatte seinen Preis, und den musste man zahlen wollen, sagte Jordi.“ 

Lukas Hartmann(1944): „Räuberleben“ 

„Grausam ist dies und zugleich in jeder Einzelheit überaus sinnvoll. Es lässt einen an der Güte 
Gottes zweifeln, und doch wird man ehrfürchtig vor solchen Zusammenhängen. Ist das 
Leben nichts anderes als ein Kampf von allen gegen allen? Und überlebt nicht 
notwendigerweise der Stärkere, Listigere?“ 

Margaret Mazzatini(1961): „ Das schönste Wort der Welt“ 

„Als Mann hätte er einen anderen Weg einschlagen können. Es gibt nur einen Weg, denkt er, und zwar den, den wir zurückgelegt haben. Das menschliche Leben ist ein Putzlappen, der immer über dieselbe Stelle wischt.“ 

Javier Marias(1951): „Die sterblich Verliebten“ 

„Alles verhallt, manchmal allmählich, mit viel Mühe und Willensanstrengung, manchmal unverhofft schnell und ohne den Willen anzustrengen, vergeblich die Mühe, die Gesichter nicht verblassen und verschwimmen, die Ereignisse und Wörter nicht zu Schemen werden zu lassen… .“ 
 

Titelliste 

Stephan Thome:
Juli Zeh;
Gerbrand Bakker:
Michael Theurillat:
Kaspar Schnetzler:
„Fliehkräfte“ 
„Nullzeit“ 
„ Der Umweg“ 
„Rütlischwur“ 
„ Der Roman eines sehnsüchtigen Zürchers,
der unter dem weiten    
preussischen Himmel traumwandelt und schliesslich
im Emmental gebodigt wird“